Samstag, 25. April 2009

Ueber Stock und Stein

..

Koennte ich die zauberhafte Stille der Berge einfangen und fuer aller Welt nachklingen lassen, ich wuerde wohl nicht in Worten beschreiben muessen wollen, was sich vor mir auf Tagen der Wanderung durch nepalesische Lande auftat.
Gezwungener Massen fuehrten mich die Ausreisebedingungen meines Touristenvisa und die Hoffnung darauf, eben dieses schon vor Ablauf verlaengern zu koennen ohnehin nach Nepal, doch auch wenn letzteres noch nicht moeglich war, ward der Rucksack gepackt um von Kathmandu aus, der kleinen charmant-dreckigen Hauptstadt – einer Mischung aus indischem Trubel und der gemuetlichen Kulisse buddhistischer Tempel, die gemeinsame Reise entlang des Helambu-Trails anzutreten.
Viel zu schnell flogen die Tage an uns vorbei; viel schneller noch als ich die steilen Pfade heraufklettern oder die umso vieles quaelenderen, aus 3000 Meter Hoehe wieder ins Tal hinabreichenden Steinbrocken geschwind hinter mir haette lassen koennen - ein halbes Jahr Kolkata hinterlaesst scheinbar wirklich seine Spuren – und so brach die Nacht des Oefteren frueher ueber uns herein, als dass wir in einer der kleinen Lodges haetten Unterschlupf finden koennen. Meine Gedanken, Erinnerungen und die Erfahrungen der vergangenen Monate hingegen liessen sich nicht halten und flogen in alle Richtungen aus, um ruhiger und besonnener wieder zu mir zurueckzukehren.
.
.
Ueber Stock und Stein, Bergauf – Bergab begegneten wir nicht nur vereinzelten Touristen samt Guide und Porter (auch wenn ich weiss, dass die zaehen, drahtigen Maenner davon leben Touristen auf ihren Wanderungen zu begleiten um ihr Gepaeck zu tragen, hat es mich doch immer wieder erschrocken sie unter den schweren, raffiniert auf ihren Ruecken gebundenen Taschen keuchen und schwitzen zu sehen, die ich nicht einmal kurz vom Boden anheben konnte); sondern auch Dorfbewohnern, die flink voraus eilten um uns zurueck auf den richtigen Pfad zu fuehren; buddhistischen Moenchen und den „Blaettermenschen“ – Kindern und Frauen die hinter den riesigen Koerben gefuellt mit gesammeltem Reissig, Laub oder Aesten ganz verschwunden sind. Um die schwere Last ueberhaupt so lange tragen zu koennen, balancieren sie das Gewicht nicht etwa auf den Schultern, sondern mittels einem ueber den Kopf gebundenen Lederriemen.
.

.
An den Abenden dann wurde das ins warme Licht der Daemmerung getauchte Firnament von dichten Libellenschwaermen eingenommen, die sich wolkenartig ueber unseren Koepfen zusammenbrauten und doch dem funkelnden von Sternen uebersaehten Himmel weichen mussten. .

.


Immer wieder hing mein Blick den wild flatternden Gebetsflaggen nach, die an Tempeln, Stupas und Bauemen befestigt waren um, vom Wind schon ganz verblasst, ihre Botschaft in die Welt hinaus zu tragen, auf dass diese erfuellt von Glueck und Harmonie eines Tages ein noch besserer und friedvoller Ort werden wuerde. ..

. .

Als wir unsere letzte Station erreicht hatten um von dort aus die stundenlange Fahrt zurueck nach Kathmandu anzutreten, war es das erste Mal, dass ich nicht von abenteuerlicher Vorfreude erfuellt aufhuepfte, als wir auf Anweisung des Conductors hin zwischen den geladenen grossen blauen Faessern und Nepalesen Platz auf dem Dach des stark ausschwankenden Busses nehmen sollten. Dabei war dies wohl meine bisher aufregendste Fahrt auf schmalen, holprigen Sandwegen, welche sich schlaengelnd um die riesigen Bergketten legten, bei der ich alle Kraft darauf verwenden musste mich ja gut festzuhalten und ausserdem rechtzeitig zu ducken, um mich nicht in den immer mal wieder viel zu tief haengenden Kabeln zuverfangen. Eingehuellt in mein vor Sonnenstrahlen und aufgestobenem Sand schuetzendes Tuch wankte ich in den scharfgeschnittenen Kurven und tat mein Bestes den steil hinabreichenden Abhaengen so wenig Bedeutung wie nur moeglich beizumessen. Die gewaltige Schoenheit der Landschaft; angelegte Getreide- und Reisterrassen; dichte in allen erdenklichen Gruentoenen leuchtende Baumkronen und die massig gen Himmel emporragenden Berge, liessen mich meine Bedenken schliesslich gaenzlich vergessen. Ich fuehlte mich ganz, ganz klein und unbedeutend und doch behuetet als Teil des Ganzen, die ich ein Stueck des grossen Gluecks erleben durfte.

Nun ist es nicht mehr der frische Kuehle bringende Wind, der ueber die weite Berglandschaft Nepals weht und mir befreiend in den Ohren rauscht, sondern der ueber mir regelrecht hoehnisch rotierende Ventilator eines stickigen kleinen Raumes, der auch in seiner ganzen Kraft nicht gegen die stehende Hitze des bengalischen Sommers anzukommen vermag. So habe auch ich laengst vor den ueber 40˚C kapituliert und bin darum bemueht mich an die klebrig feuchte Schweissschicht, die mich wie eine zweite Haut ueberzieht und saemtliche Kleidung durchtraenkt, einfach zu gewoehnen – erst einmal nass ist dies auch unumgaenglich :). Doch der April brachte nicht nur die sengende Sonne, sondern auch Berge von koestlichen Wassermelonen und fruchtig-saftigen Mangos, die sich zu Hauf auf ausgelegtem Stroh tuermen - ein Fest :D! E
s ist schoen wieder zu Hause bei den liebgewonnenen Menschen zu sein, in vertrauter Umgebung, in der mir der geschaeftige Obstverkaeufer freundlich zunickt und bekannte Gesichter auf der Strasse anhalten um zu erfahren, wo ich denn nur so lange gesteckt haette und ich muss unweigerlich daran denken wie es wohl sein wird, wenn ich in wenigen Monaten schon fuer etwas sehr viel laenger als nur zwei Wochen fort gehen werde. Doch bis dahin ist noch Zeit und mal wieder heisst es „von vorn beginnen“ und die Tage mit mir neu gesuchten Aufgaben, wie dem Foerderunterricht fuer kleinere Gruppen von SchuelerInnen, die als eines von 60 in einem Klassenraum sitzenden Kindern dem normalen Unterricht nicht folgen koennen, zu fuellen.